Die Bauhaus-Rezeption in der Bundesrepublik Deutschland 1949 bis 1968

The Reception of the Bauhaus in the Federal Republic of Germany in the Period 1949 to 1968

  • Um die Mechanismen der Bauhaus-Rezeption im Deutschland der Nachkriegszeit und die damit verbundenen Interessen und kulturpolitischen Überlegungen umfassend zu erforschen, wurden in der vorliegenden Untersuchung erstmals archivalische Quellen ebenso systematisch ausgewertet wie die entsprechende Tages- und Fachpresse. Darüber hinaus werden Theorie, Pädagogik und Gestaltung an der Hochschule für Gestaltung in Ulm erstmals objektiv mit dem Bauhaus verglichen. Es waren die ehemaligen Schüler und Lehrer "allen voran der mittlerweile in den USA lebende Bauhaus-Gründer Walter Gropius", welche das im Dritten Reich verfemte Bauhaus nach Kriegsende wieder in Erinnerung brachten. Bei der Suche nach zeitgemäßen Ausbildungsmethoden für Gestalter bot sich das Bauhaus an, da es bereits 1933 geschlossen worden war und somit als politisch unbedenklich galt. Um das Institut der Weimarer Republik zukunftsfähig zu machen, konstruierte Gropius rückwirkend den Begriff der "Bauhaus-Idee" als von ihm entwickelte Basis der Schule. Diese sei im KernUm die Mechanismen der Bauhaus-Rezeption im Deutschland der Nachkriegszeit und die damit verbundenen Interessen und kulturpolitischen Überlegungen umfassend zu erforschen, wurden in der vorliegenden Untersuchung erstmals archivalische Quellen ebenso systematisch ausgewertet wie die entsprechende Tages- und Fachpresse. Darüber hinaus werden Theorie, Pädagogik und Gestaltung an der Hochschule für Gestaltung in Ulm erstmals objektiv mit dem Bauhaus verglichen. Es waren die ehemaligen Schüler und Lehrer "allen voran der mittlerweile in den USA lebende Bauhaus-Gründer Walter Gropius", welche das im Dritten Reich verfemte Bauhaus nach Kriegsende wieder in Erinnerung brachten. Bei der Suche nach zeitgemäßen Ausbildungsmethoden für Gestalter bot sich das Bauhaus an, da es bereits 1933 geschlossen worden war und somit als politisch unbedenklich galt. Um das Institut der Weimarer Republik zukunftsfähig zu machen, konstruierte Gropius rückwirkend den Begriff der "Bauhaus-Idee" als von ihm entwickelte Basis der Schule. Diese sei im Kern dynamisch, kreativ und liberal sowie geprägt durch eine dezidiert demokratische Haltung. Alle Aspekte, die dieser vereinfachten Sichtweise widersprachen, wurden ausgeklammert oder sogar als "bauhaus-untypisch" abgewertet. Gropius selbst nahm als "letzte Instanz" Einfluß darauf, ob Personen oder Institutionen in ihrer Arbeit unterstützt oder diskreditiert wurden, je nachdem ob sie dem "wahren" Bauhaus gerecht wurden oder nicht. Sogar die Arbeit des 1962 gegründeten Bauhaus-Archivs ist unter diesem Aspekt zu betrachten. Auch sein Leiter Hans Maria Wingler, der stets eng mit Gropius zusammen arbeitete, mußte sich verschiedentlich Korrekturen seiner Forschungsansätze gefallen lassen. Auf diese Weise etablierte sich ein uneingeschränkt positives Bauhaus-Bild, das in der Zeit des Kalten Krieges politisch vereinnahmt und als ideelle Waffe gegen den Sozialismus eingesetzt werden konnte. Diese bis Ende der sechziger Jahre andauernde, erste Rezeptionsphase formte die historische Ausbildungsstätte Bauhaus zu einem faszinierenden Mythos um. Als 1968 in Stuttgart die Ausstellung "50 Jahre Bauhaus" gezeigt wurde, verhalf die Präsentation eines verklärten Bauhaus-Bildes dem durch das Trauma des Dritten Reichs stark angeschlagenen deutschen Selbstbewußtsein zu einer immensen Aufwertung. Die sich anschließende Wanderausstellung mit acht Stationen weltweit demonstrierte, daß Deutschland auch einen konstruktiven Beitrag zur Entwicklung des 20. Jahrhunderts geleistet hatte. Rezeptionsgeschichtlich betrachtet markierte die Ausstellung nicht nur den Kulminationspunkt der Bauhausverehrung, sondern gleichzeitig den Beginn einer neuen Phase der Forschung, welche die Arbeit des Bauhauses im Zuge der aufkommenden Funktionalismus-Kritik kritischer beleuchten sollte. In diese theoretischen Betrachtungen eingebettet wird eine tiefergehende Untersuchung der Hochschule für Gestaltung in Ulm in Hinblick auf ihre Verwandtschaft zum Bauhaus. Ursprünglich vom ehemaligen Bauhäusler Max Bill als Nachfolgeinstitut des Bauhauses gegründet, genoß die HfG eine enorme öffentliche Aufmerksamkeit. Doch schnell gereichte der anfangs erhobene Anspruch zum Nachteil. Denn mit der beschriebenen, fortschreitenden Mystifizierung des Bauhauses wurde es zunehmend schwerer, die überzogenen Erwartungen mit eigenen Arbeitsergebnissen zu erfüllen. Trotzdem entwickelte sich die Ulmer Hochschule zu einer eigenständigen zeitgemäßen Ausbildungsstätte für Industriegestalter, was ihr den damals schwerwiegenden Vorwurf einbrachte, die Bauhaus-Idee verraten zu haben. Diese aus den sechziger Jahren stammende Einschätzung über die HfG Ulm prägte die Forschung bis in die Gegenwart. Entsprechend leistet die vorliegende Untersuchung erstmals einen grundlegenden Vergleich von Theorie und Praxis beider Institutionen, mit dem Ergebnis, daß die HfG einen ähnlichen gesellschaftlich-visionären Ansatz verfolgte und ebenso zur Avantgarde gerechnet werden durfte wie das Bauhaus 50 Jahre zuvor.zeige mehrzeige weniger
  • In order to investigate the historical mechanisms of the reception of the Bauhaus in post-war Germany and the interests and cultural-political issues associated with it, this investigation systematically evaluates, for the first time, archival sources, relevant press material and specialized literature. In addition to that theory, pedagogics and design of the Hochschule für Gestaltung (college of design) in Ulm are impartially compared with the Bauhaus. It was former students and teachers of the Bauhaus, which was closed by the Third Reich "and above all its founder Walter Gropius, who subsequently lived in America" who, after the war, reminded us of the Bauhaus. Looking for modern training methods for designers the Bauhaus seemed to be a possibility - and because it was closed in 1933 it was considered to be politically harmless. In order to present this institution of the Weimar Republic as forward-looking, Gropius coined retrospectively the term "Bauhaus-Idea" as the basis upon which he had developed the school. At its core thisIn order to investigate the historical mechanisms of the reception of the Bauhaus in post-war Germany and the interests and cultural-political issues associated with it, this investigation systematically evaluates, for the first time, archival sources, relevant press material and specialized literature. In addition to that theory, pedagogics and design of the Hochschule für Gestaltung (college of design) in Ulm are impartially compared with the Bauhaus. It was former students and teachers of the Bauhaus, which was closed by the Third Reich "and above all its founder Walter Gropius, who subsequently lived in America" who, after the war, reminded us of the Bauhaus. Looking for modern training methods for designers the Bauhaus seemed to be a possibility - and because it was closed in 1933 it was considered to be politically harmless. In order to present this institution of the Weimar Republic as forward-looking, Gropius coined retrospectively the term "Bauhaus-Idea" as the basis upon which he had developed the school. At its core this was dynamic, creative and liberal and characterized by a decidedly democratic attitude. Anything contradicting this view was excluded or even denigrated as being "Bauhaus atypical". Gropius used his influence as the "ultimate authority" to determine whether institutions or persons were supported in their work or discredited, depending on whether or not they did justice to the "real" Bauhaus. Even the work of the Bauhaus Archives, founded in 1962, must be viewed in this light. On various occasions its director, Hans Maria Wingler, who worked closely with Gropius, had to accept corrections to his research work. In this way a completely positive picture of the Bauhaus was established, which took on a political complexion during the time of the Cold War and which could be used as an ideal weapon against socialism. This first phase of the reception, lasting until the end of the sixties, changed the historical education place that was the Bauhaus into a fascinating myth. When in 1968 the exhibition "50 Years Bauhaus" was shown in Stuttgart, the presentation of a transfigured Bauhaus picture helped immensely to revalue the self-confidence of the Germans after the trauma of the Third Reich. The exhibition then visited eight places worldwide and demonstrated that Germany had made also a constructive contribution to the development of the 20th century. Looking at the reception historically, this exhibition marked not only the culmination of the admiration of the Bauhaus but also the start of a new phase of research, which would view more critically the work of the Bauhaus during the upcoming criticism of functionalism. Nestled in these theoretical reflections is an in-depth examination of the Hochschule für Gestaltung in Ulm, with a view to its relationship with the Bauhaus. Founded by a former Bauhaus member, Max Bill, originally as a successor institution of the Bauhaus, the Ulm college enjoyed enormous public attention initially. But soon this high acclaim turned to disadvantage, as it became more and more difficult to fulfill the high expectations that had resulted from the above-mentioned mystification of the Bauhaus. Despite all of this the Ulm college developed into an independent, modern educational institution for industrial designers, which led at the time to the accusation of it having betrayed the Bauhaus idea. This evaluation of the Ulm college in the sixties has influenced research up to the present time. The study presented here carries out, for the first time, a fundamental comparison of the theory and practice of both institutions, and shows that the Hochschule für Gestaltung followed a similar social-visionary path as did the Bauhaus and can be considered just as avant-garde as was the Bauhaus 50 years earlier.zeige mehrzeige weniger

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Metadaten
Verfasserangaben: Claudia Heitmann
URN:urn:nbn:de:kobv:B170-opus-17
übersetzter Titel (Deutsch):Die Bauhaus-Rezeption in der Bundesrepublik Deutschland 1949 bis 1968 Alternativer Titel: - Etappen und Institutionen -
Gutachter*in:Prof. Dr. Andreas Haus, Prof. Dr.-Ing. Kerstin Dörhöfer
Dokumentart:Dissertation
Sprache:Deutsch
Datum der Veröffentlichung (online):28.07.2003
Veröffentlichende Institution:Universität der Künste Berlin
Titel verleihende Institution:Universität der Künste Berlin, Fakultät Bildende Kunst
Datum der Abschlussprüfung:10.07.2001
Datum der Freischaltung:28.07.2003
Freies Schlagwort / Tag:Bauhaus; Bauhaus-Archiv; Designgeschichte; Hochschule für Gestaltung Ulm; Industrielle Formgestaltung
Bauhaus; Bauhaus-Archiv; History of Design; Hochschule für Gestaltung Ulm; Industrial Design
Fakultäten und Einrichtungen:Fakultät Bildende Kunst / Institut Kunstwissenschaft und Ästhetik
DDC-Klassifikation:7 Künste und Unterhaltung / 70 Künste / 700 Künste; Bildende und angewandte Kunst
Lizenz (Deutsch):Keine Lizenz – Urheberrechtsschutz
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